Kostenloser & klimaneutraler Versand in Deutschland mit DHL GoGreen!

WELT: Eine Nuss kommt groß raus


Im Urwald kommt eine Nuss groß raus

Lesedauer: 4 Minuten

Original Artikel der WELT: https://www.welt.de/themen/amazon/

 

Von Christine Jenkins

Jahrzehntelang, wenn nicht sogar schon seit Jahrhunderten, haben sich die Menschen am Amazonas im südlichen Kolumbien nicht allzuviel aus der Nuss gemacht. Sie wurde ans Vieh verfüttert oder zur Versorgung von Wunden benutzt, und ihr Baum wurde zu Feuerholz verarbeitet.

Aber dann fand vor ein paar Jahren die Angehörigen des weltweiten Jetset heraus, wie gut das gelbliche Öl der proteinreichen Nuss für ihre Haut ist. Und plötzlich wurde Cacay ("kahk-ai’’ ausgesprochen) zum brandaktuellen Wirtschaftsgut. Das Öl der Nuss ist nun Schlüsselbestandteil von Gesichtscremes gegen Hautalterung, die in den Schönheitssalons von Los Angeles oder London 200 Dollar einbringen können - für knapp 30 Gramm.

Die meisten Nüsse stammen zwar von wilden Bäumen in entlegenen Regionen, doch es entstehen auch immer mehr neue Plantagen in den verarmten Gegenden Kolumbiens, die eher für Kokain und Rebellengruppen bekannt sind. So verkaufte auch Landwirt Vitaliano Ordonez, der die Nüsse früher an seine Kühe verfüttert hatte, acht seiner Tiere, um 120 Setzlinge zu kaufen. Da nur wenige der jungen Pflanzen in diesem Jahr eine Ernte einbringen werden, erntet er zwei alte Bäume auf seinem kleinen Milchviehbetrieb im kolumbianischen Puerto Rico, 300 Kilometer südöstlich von Bogota.

“Ich lasse mir keine einzige Nuss entgehen”, sagt der 70- Jährige. In jeder apfelgroßen Nusshülse befinden sich drei Samen, die etwas größer als Mandeln sind. In diesem Jahr rechnet er mit einer Ernte von rund 60 Kilogramm an Cacay-Kernen. Das könnte ihm bis zu 300.000 Pesos (112 Euro) einbringen, was etwa der Hälfte des monatlichen Mindestlohns in dem Land entspricht.

Der Boom ist teilweise auch Alberto Jaramillo zu verdanken. Zwar haben Wissenschaftler die Vorzüge der Nuss schon vor über einem Jahrzehnt hervorgehoben, doch es war Jaramillo, Chef von Kahai SAS in Bogota, der einen Markt für das Öl fand, nachdem er Fachmessen besucht und eine Studie zu Cacay als Hautpflegemittel in Auftrag gegeben hatte. Kahai, das die Nüsse von Züchtern und Sammlern wie Ordonez kauft, erwartet eine Umsatzverdopplung in diesem Jahr.

Die Cacay-Nuss gibt es in Teilen Kolumbiens, Ecuadors, Perus und Venezuelas. Dort wird ihr Öl seit langem von den Einheimischen zur Wundbehandlung oder für Lampen benutzt. Als das im Laufe der Zeit nachließ, erreichten die Bäume eine Höhe von 40 Metern und wurden somit für Holzfäller attraktiv. Doch das verändert sich nun langsam dank der steigenden Attraktivität von Naturölen für Schönheitsbehandlungen.

“Das wird zur neuen kleinen Welle”, sagt Jamie Sherrill, die Cacay in einigen ihrer Nurse Jamie Hautpflegeprodukte benutzt, die in ihrem Wellness-Center in Santa Monica verkauft werden. “Ich war schon immer ein Anhänger von Retinol und Arganöl, und anfänglich suchten wir nach Möglichkeiten, diese zwei Inhaltsstoffe zu verbessern.” Jetzt verkauft Sherrill knapp 30 Gramm eines Gesichtselixirs mit Cacay für 198 Dollar.

Das Projekt ist für Kahai und kleine Anbauer nicht ohne Risiko. Zwar ist Pflanzenöl ist im Moment en vogue, doch Modeerscheinungen in der Kosmetikbranche ändern sich oft - und es gibt eine Menge Konkurrenz von anderen Pflanzenölen.

“Es ist teurer als eine Menge der regulären Öle”, erklärt Judi Beerling, vom Beratungsunternehmen Organic Monitor in London. “Wenn mehr verfügbar ist, wird der Preis selbstverständlich weniger ein Thema mehr sein.”

Jaramillo zufolge halten sich einige Unternehmen mit dem Einsatz von Cacay zurück, weil das Angebot noch nicht stabil genug ist. Das könne noch drei Jahre dauern. “Wir planen, eine ausreichende Menge für den Boom zu haben, den es am Kosmetikmarkt geben wird.”

Der Cacay-Aufschwung gibt auch Umweltgruppen Hoffnung, die die Abholzung des Urwalds aufhalten wollen. Luis Eugenio Cifuentes, Berater des Amazon Conservation Team mit Sitz in Arlington im US- Bundesstaat Virginia, setzt sich für Cacay als profitable Alternative zur Abholzung ein. Er spricht mit Landwirten in entlegenen Gegend und erstellt Pläne für den Kauf von Bäumen, um isolierte Regenwaldteile miteinander zu verbinden.

Landwirten wie Ordonez bietet Cacay die Chance, ihr Einkommen aus dem Verkauf von Milch und Vieh aufzubessern. “So lebe ich, mit wenig Geld”, sagt er. “Über Cacay denke ich viel nach, weil ich darauf vertraue, dass es sich für mich auszahlen wird.”

 

Referenz Artikel Bloomberg: https://www.bloomberg.com/news/articles/2015-04-14/in-jungle-long-known-for-cocaine-a-rare-nut-is-now-all-the-rage (Englisch)